Wie kommt der Klimawandel in den Kommunen an 2.0
Der Klimawandel schreitet Jahr für Jahr voran. Er sorgt für heiße Sommer, langanhaltende Trockenperio-den durch ausbleibenden Niederschlag und Extremwetterereignissen, wie Starkregen und Hochwasser. Bürgerinnen und Bürger schwitzen in den heißen Sommern in den Stadtvierteln, die Erträge in der Land-wirtschaft leiden, und Tiere und Pflanzen sehen sich mit immer kleiner werdenden Lebensräumen kon-frontiert. Deshalb muss der Klimawandel durch rechtzeitigen und wirksamen Klimaschutz auf ein erträgliches Maß begrenzt werden. Die Klimaanpassung kann Klimaschutz nicht ersetzen, dennoch nimmt die Anpassung an die Folgen (kurz Klimaanpassung) immer mehr an Bedeutung zu. Mit gelungener und regional bzw. kommunal differenzierter Anpassung kann den Folgen auf vielfältige Weise begegnet werden. Schäden können minimiert und Chancen genutzt werden, sofern die Anpassungsmaßnahmen zeitnah ergriffen werden.
Mit der Umfrage "Stand der Klimaanpassung in den Kommunen Baden-Württembergs" ging das Kompetenzzentrum Klimawandel 2018 einen Schritt in die flächendeckende Dokumentation der Anpassung.
Mit den Ergebnissen aus einer aktualisierten Umfrage aus dem Jahr 2023 kann eine neue Übersicht über die Lage in den Kommunen generiert werden, die auch in zukünftige Produkte des Kompetenzzentrums einfließt.
Folgende Schwerpunkte konnten durch den Fragenkatalog ermittelt werden:
- Wie sind den Kommunen der Klimawandel und seine Folgen bisher begegnet?
- Welche Fortschritte konnten durch Kommunen in der Anpassung bereits erzielt werden?
Grundlagen der Auswertung Im Herbst 2023 hat das KomKlima der LUBW eine Umfrage zur Ermittlung des Stands der Klimaanpas-sung in den Kommunen Baden-Württembergs durchgeführt. Die Umfrage wurde per E-Mail an die Kommunen gesendet und konnte online über das Tool EUSurvey durchgeführt werden (Europäische Union, 1995-2024). Die Umfrage verfolgte das übergeordnete Ziel, die Arten von Kommunen die bereits Fort-schritte in der Klimaanpassung gemacht haben und welche die möglicherweise noch verstärkte Unterstüt-zung benötigen zu identifizieren. An der Umfrage zur Klimaanpassung vom Kompetenzzentrum Klimawandel, beteiligten sich von 44 ange-fragten Land- und Stadtkreisen und 1.092 angefragten Gemeinden (keine Stadtkreise) insgesamt 17 Kreise und 172 Gemeinden. Dies ergibt eine Rücklaufquote von 38,6% bei den Kreisen und von 15,8% bei den Gemeinden. Die Umfrageergebnisse wurden für die Kreise und Gemeinden getrennt ausgewertet, zusätz-lich wurden die Gemeinden nach Gemeindegröße ausgewertet. Die Kategorisierung erfolgt nach den Ge-meindegrößenklassen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (siehe Tabelle 1, nach BBSR, o. J.). Zur Wahrung der Konsistenz wurden für die Auswertung die gleichen Größenklassen mit identischen Einwohnerzahlgrenzen verwendet wie in der ersten Umfrage zur Klimaanpassung des Kompetenzzentrums Klimawandel von 2019 (LUBW, 2020).
Wahrgenommene Betroffenheit von Klimawandelfolgen
Die Folgen des Klimawandels sind vielfältig und in jeder Kommune individuell zu betrachten. Folgende Frage sollte einen Überblick schaffen, welche Klimawandelfolgen am häufigsten und stärksten wahrgenommen werden: „Waren Sie in Ihrer Kommune bereits von Klimafolgen betroffen oder sind Sie aktuell betroffen?", die Frage wurde für alle folgenden Klimawandelfolgen einzeln gestellt: „Hitze“, „Trocken-heit“, „Sturzfluten/Starkregen“, „Flusshochwasser/Überschwemmungen“, „Niedrige Grundwasserstände“, „Niedrige Wasserstände an Flüssen und Seen“, „Probleme bei der Trinkwasserversorgung“, „Dürrefolgen in Wald/Forstwirtschaft“, „Dürrefolgen in der Landwirtschaft“, „Bodenerosion“, „Hagel-, Sturm- und Frost-schäden“, „Biodiversitätsverlust“, „Schädlingsbefall“ und „Invasive Arten (Bsp. Riesenbärenklau, Nord-amerikanischer Ochsenfrosch)“, die Antwortmöglichkeiten waren: „Weiß nicht“, „Nicht betroffen“, „Leicht betroffen“, „Stark betroffen“ und „Sehr stark betroffen“. Bei diesen Fragen musste sich auf eine Antwortmöglichkeit pro Klimawandelfolge festgelegt werden.
Kernaussagen:
- Bei fast allen abgefragten Klimawandelfolgen empfinden mehr als die Hälfte der Gemeinden eine Betroffenheit.
- Die stärkste wahrgenommene Betroffenheit besteht durch die Klimawandelfolgen Trockenheit, Dürre, Sturzfluten/Starkregen und Hitze.
Dennoch nehmen die teilnehmenden Gemeinden vor allem durch die Klimawandelfolgen Trockenheit (53,5%), Dürre (43,6%), Sturzfluten/Starkregen (43,0%) und Hitze (41,3%) eine starke oder sehr starke Betroffenheit war. Wiede-rum wird bei den Klimawandelfolgen invasive Arten (13,4%), Bodenerosion (12,8%) und die Probleme bei der Trinkwasserversorgung (3,5%) nur bei wenigen Gemeinden eine starke oder sehr starke Betroffenheit wahrgenommen, wobei bei letzterem von den meisten Gemeinden keine Betroffenheit empfunden wird (59,3%). Tabelle 2: Wahrgenommene „starke oder sehr starke“ Betroffenheit von Klimawandelfolgen, ausgewertet nach Gemeindegröße.
Ein zweiter Zusammenhang wird deutlich, wenn die Ergebnisse nach Gemeindegröße betrachtet werden: Je größer die Gemeinde, desto häufiger wird eine Betroffenheit gegenüber Hitze als Folge des Klimawandels wahrgenommen. Von der größten Gemeindeklasse wird neben der Hitze (92,3%) auch für die Trockenheit (84,6%) und die Dürrefolgen im Forst (76,9%) eine starke oder sehr starke Betroffenheit wahrgenommen. In den Kleinstäd-ten und kleinen Mittelstädten wird vor allem durch die Trockenheit (55,5-58,3%), Dürrefolgen im Forst (44,4-45,2%) und Hitze (46,4-50,0%) eine starke oder sehr starke Betroffenheit wahrgenommen und in den Landgemeinden durch Sturzfluten und Starkregen (37%).
Die Auswertung zeigt zudem, dass Gemeinden mit einer Bevölkerung ab 50.000 am häufigsten eine starke oder sehr starke Betroffenheit gegenüber den verschiedenen vorgegebenen Klimawandelfolgen wahrneh-men (Im Durchschnitt 6,3/14 Klimawandelfolgen pro Gemeinde). Im Gegensatz dazu nennen Landge-meinden am seltensten eine starke oder sehr starke Betroffenheit durch die verschiedenen vorgegebenen Klimawandelfolgen (Im Durchschnitt 2,9/14 Klimawandelfolgen pro Gemeinde). Des Weiteren wurde fest-gestellt, dass mit der zunehmenden Größe der Gemeinde, eine generell häufigere Betroffenheit gegenüber den vorgegebenen Klimawandelfolgen wahrgenommen wird. Diese Einschätzung kann durch die in 3.1.1 erwähnte überwiegend fachgerechtere personelle Ausstattung in größeren Gemeinden beeinflusst sein.